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US-amerikanische Militärunterstützung für Lateinamerika

Fijáte 352 vom 1. Feb. 2006, Artikel 1, Seite 1

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US-amerikanische Militärunterstützung für Lateinamerika

Zum Beispiel die Jugendbanden

Die Jugendbanden (maras) sind ein ernstzunehmendes Problem vor allem in Zentralamerika. Zwar sind sie kein neues Phänomen, doch sind sie im Laufe der Jahre vom Begehen kleinerer Delikte zum Ausüben von zum Teil schrecklichen Gewalttaten übergegangen. Die lokalen Polizeikräfte, schlecht ausgerüstet, kaum ausgebildet und mit einem Hang zur VGKorruptionNF, sind völlig überfordert, dem Phänomen der maras zu begegnen. Guatemala, VGHondurasNF und VGEl SalvadorNF haben darauf mit einer Kraftdemonstration geantwortet und das Militär in kombinierten Patrouillen mit der Polizei auf die Strassen geschickt. Die zivilen Behörden Zentralamerikas haben das Comando Sur des US-amerikanischen Militärs um Hilfe beim Kampf gegen die Jugendbanden angefragt, hat doch das Problem auch seinen Niederschlag in den US-amerikanischen Vororten gefunden. Weder die zentralamerikanischen noch die US-amerikanischen Behörden haben jedoch eine Strategie, wie das Thema angegangen werden kann und es ist zu befürchten, dass so lange gewartet wird bis es vermeintlicherweise keine andere Lösung mehr als eine militärische gibt.

Zum Beispiel die "Schnelle Eingreiftruppe"

Vor gut einem Jahr begannen die zentralamerikanischen Regierungen eine Diskussion über die Schaffung einer überregionalen "Schnellen Eingreiftruppe" (FRR), die sich z.B. den Jugendbanden und anderen transnationalen Bedrohungen annehmen könnte. Mit Ausnahme von VGCosta RicaNF haben sich alle Länder verpflichtet, solche FRR zu bilden und versprachen eine bessere Koordination und einen vermehrten Austausch über die jeweiligen VGGeheimdienstaktivitätenNF. Auch wenn die USA sich wünschten, dass diese FRR ihre Aktivitäten vor allem auf Friedenssicherung und Naturkatastrophen konzentrieren, möchten ihnen die zentralamerikanischen Regierungen vielfältigere, bis hin zu polizeilichen Aufgaben übertragen. Die guatemaltekische FRR soll entsprechend aus Militär- und Polizeipersonal zusammengesetzt sein, ihre Aufgabe ist der "Kampf gegen das organisierte Verbrechen, den Drogenhandel und den internationalen Terrorismus". Wie die US-amerikanische Unterstützung dieser Eingreiftruppen aussehen wird, ist noch nicht klar. Bei einem Treffen im Oktober 2005 mit US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld fragten die zentralamerikanischen Präsidenten die USA vor allem um die Ausstattungen für diese Truppen an. Die Botschaft aus dem Norden ist nicht eindeutig. Statt die zentralamerikanischen Länder aufzufordern, die nach den VGFriedensabkommenNF begonnene Aufgabentrennung weiterzuführen und das Militär davon abzuhalten, sich in Bereiche zu mischen, in denen es nichts verloren hat, äusserte sich Rumsfeld sehr vage. Unterschiedliche Bedrohungen bräuchten unterschiedliche Antworten und die bisherige Aufgabenteilung zwischen Militär und Armee sei antiquiert und müsse überdacht werden, waren die Worte des US-Verteidigungsministers im Oktober 2005.

"Bremsklotz" Internationaler Strafgerichtshof (IStGH)

Ironischerweise stösst die US-amerikanische Militärhilfe für Lateinamerika nicht in erster Linie an ihre Grenzen, weil Menschenrechtsorganisationen protestieren, sondern die Kritik stammt aus dem eigenen Lager. Konservative Kräfte in den USA wollen ihre SoldatInnen im Ausland vor dem Zugriff des Internationalen Strafgerichtshofes schützen. Im Jahr 2002 schlossen die USA sämtliche Militärhilfe (mit Ausnahme der Anti-Drogen-Kriegs-Unterstützung) an Länder aus, die das Rom-Statut unterzeichnet haben, das die vertragliche Grundlage zum Internationalen Strafgerichtshof ist. Ausser, sie hätten den Artikel 98 des Gesetzes zum Schutz des US-amerikanischen Dienstpersonals unterzeichnet, in welchem sie garantieren, dass sie keine US-SoldatInnen je vor dem IstGH anklagen werden. Für die lateinamerikanischen MenschenrechtsaktivistInnen ist der Internationale Strafgerichtshof aber eine wichtige Instanz, sind doch in vielen Fällen ihre eigenen Justizsysteme ineffizient und korrupt.

Linke Kräfte in der Andenregion

Die Andenregion - Kolumbien, VGEcuadorNF, VGPeruNF und VGVenezuelaNF - erhielten seit der Implementierung des Plan Colombia im Jahr 2000 mit 85% den grössten Brocken der lateinamerikanischen US-Militärhilfe. Dies scheint denn auch die "Problemzone" Lateinamerikas für die USA zu sein: Das Drogengeschäft, der Krieg in Kolumbien, die Existenz von vier von den USA definierten "internationalen Terrororganisationen" und die Wahlen (angefangen mit VGBolivienNF im Dezember 05), die in der Region im Verlauf des Jahres 06 stattfinden. Offensichtlich ist die Administration VGBushNF beunruhigt über das Erstarken der "radikalen Populisten", wie er die verschiedenen Bewegungen linker Tendenz nennt. Bisher ist die Reaktion der USA auf diese Entwicklung konfus und widersprüchlich. Wie sich das in einer konkreten (Militär-) Politik auswirkt, bleibt abzuwarten.

Schlussfolgerungen

Global gesehen steht Lateinamerika sicher nicht zuoberst auf der Prioritätenliste der USA. Doch die Tendenz, die sich in den letzten Jahren abzuzeichnen begann, hält an: Zunahme der Militär- und militärischen Ausbildungsunterstützung, währenddessen die Unterstützung in Sachen Wirtschaftshilfe und Stärkung der Zivilen Regierungen hinten ansteht.

Der Drogenhandel, das organisierte Verbrechen und die Korruption schränken den Demokratisierungsprozess vieler Länder Lateinamerikas ein. Aber anstatt diese Probleme unter dem Begriff der "Menschlichen Sicherheit" zusammenzufassen und dafür militärische Lösungen zu propagieren, sollten die USA sie als das sehen was sie sind: Probleme, die ihre Ursache in der historischen Ungerechtigkeit in Sachen wirtschaftlicher Entwicklung und in einem fragilen Rechtsstaat sowie schwachen staatlichen zivilen Institutionen haben.


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