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(Wahlpolitische) Perspektiven für 2006

Fijáte 351 vom 18. Jan. 2006, Artikel 1, Seite 1

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(Wahlpolitische) Perspektiven für 2006

Die VGRepublikanische Front GuatemalasNF (FRG) ihrerseits wird sich entscheiden müssen, entweder die Kandidatur von Ex-Minister für Kommunikation und Verkehr, VGLuis RabbéNF, voranzutreiben oder auf juristischer Ebene den nationalen und internationalen Kampf um eine erneute Kandidatur von Ex-General VGEfraín Ríos MonttNF zu führen.

Bei der "Linken" wird von einer möglichen Wiedervereinigung der Revolutionären Nationalen Einheit Guatemalas, VGURNGNF, und der VGAllianz Neue NationNF, ANN, gemunkelt. Doch müssen sie die "linken" Stimmen mit anderen Mitte-"Links"-Parteien teilen, z.B. mit der neuen Demokratischen Front von VGAlfonso Cabrera (ehemaliger Generalsekretär der VGChristdemokratenNF), dem VGEncuentro por GuatemalaNF von VGNineth MontenegroNF oder der VGDIANF mit Francisco Arredondo. Auch wird von einer möglichen Allianz der "Linken" mit der UNE gesprochen, eine Forderung, die schon bei den vergangenen Wahlen 2003 aus gewissen linken Kreisen verlautbart wurde.

Das Jahr 2006 wird das Jahr der Verhandlungen sein, das Jahr, wo die einzelnen an der Regierungsmacht interessierten PolitikerInnen Flagge zeigen, Allianzen schliessen oder aus-schliessen müssen.

Ein Jahr, in dem jede politische Handlung von wahlpolitischen Interessen geleitet sein wird.

Das sozio-ökonomische Panorama

Das wirtschaftliche Wachstum der letzten Jahre war gänzlich unzureichend, um eine Strategie zur Reduzierung der Armut und der Ungleichheiten voranzutreiben. Es ist nicht gelungen, eine effiziente Reform des Staates durchzuführen, die eine regulierende Wirkung auf den Markt gehabt hätte und von einer starken und effizienten Sozialpolitik begleitet gewesen wäre. Entsprechend kleine Fortschritte wurden von diversen Phänomenen fortlaufend zunichte gemacht: Trockenzeiten, VGÜberschwemmungenNF und andere Naturkatastrophen, aber auch durch Wirtschaftskrisen, wie z.B. im Jahr 2000 der Fall der Kaffeepreise auf dem internationalen Markt.

Der Hurrikan Stan, der im Oktober 2005 das Land heimsuchte, zerstörte die bäuerliche wirtschaftliche Existenz und Zukunft: Die Ernten gingen verloren, die während der nächsten sechs Monate das Überleben tausender Familien gesichert hätten, währenddessen das Land für die nächste Aussaat vorbereitet wird und sich die BäuerInnen mit temporärer Migration über Wasser halten. Durch die Zerstörung ihrer Ernten mussten nun viele Leute frühzeitig und auf der Suche nach Arbeit migrieren.

Doch Stan hat auch das mexikanische VGChiapasNF stark getroffen, eine Region, in der während der Kaffeeernte normalerweise 60-80'000 GuatemaltekInnen Arbeit finden. Die Zerstörung von ca. 50% der Plantagen in Chiapas hat zur Folge, dass dort die Nachfrage nach Arbeitskräften zurückging, ebenso wie die Löhne im Landwirtschaftsbereich. Dies führt wiederum dazu, dass nun vermehrt Frauen in die südmexikanischen Städte migrieren, auf der Suche nach Arbeit als VGHausangestellteNF.

Derweil akkumuliert das guatemaltekische Wirtschaftssystem Arbeitslose: Von den 125'000 Jugendlichen, die jährlich in den Arbeitsmarkt eintreten, schaffen es gerade mal ca. 20% zu einer mehr oder weniger stabilen Arbeitssituation. Mit bescheidenen staatlichen Sozialausgaben, einer mangelnden Kommunikation und Koordination zwischen Staat, Zivilgesellschaft und Privatinitiative und einem ausschliessenden Bildungssystem, sind die Zukunftsaussichten für jugendliche GuatemaltekInnen alles andere als rosig.

Das soziale Panorama ist also nicht erfreulich. Armut, Gewalt, Delinquenz, Angst, all dies sind Faktoren, die eine breite Bevölkerungsschicht dazu treiben kann, nach einer "starken Hand" zu verlangen. Das Erstarken einer Hardliner-Ideologie, die nach Restriktion und Aufhebung gewisser bürgerlichen Freiheiten verlangt, ist absehbar.

Obwohl die Volksbewegungen in den letzten Jahren an Stärke verloren und sich gespalten haben, ist nicht auszuschliessen, dass es 2006 zu sozialen Zusammenstössen diverser Art und ebensolchen Ausmasses kommt. (Wie fast jedes Jahr zu Schulbeginn, haben die LehrerInnengewerkschaften für den 13. Januar einen nationalen Streiktag ausgerufen, um die Erziehungsministerin zu Verhandlungen über Löhne, Schulmahlzeiten und 16 andere Forderungen zu bewegen. die Red., siehe sep. Artikel)

Man darf hierbei den Einfluss der sozialen Bewegungen in verschiedenen Ländern der Region nicht unterschätzen, ebenso wenig die Zunahme politischer Macht seitens der indigenen Völker. All dies fördert andere, neue soziale Organisationsformen, die auch andere Methoden der politischen Partizipation und Einflussnahme entwickeln. Das Jahr 2006 könnte zu einem Jahr werden, in dem sich diese Kräfte artikulieren und die Forderungen ihrer Basis in die politische Diskussion einbringen.


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