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Startschuss für die Wahlen

Fijáte 385 vom 16. Mai 2007, Artikel 1, Seite 1

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Startschuss für die Wahlen

Die PP kandidiert mit dem Ex-General Otto Pérez Molina, der in seinen populistischen Diskursen eine soziale Besserstellung der armen Bevölkerung verspricht sowie das Vorgehen mit "harter Hand" gegen die herrschende Gewalt. Eine Mischung, die offenbar ankommt; dass hinter diesem Diskurs ein militaristisches Denken steckt und eine völlige Verdrehung von ehemals von linken Parteien besetzten Begriffen wie z.B. Solidarität, ist offenbar Nebensache. Der Vizepräsidentschaftskandidat der PP ist Ricardo VGCastilloNF Sinibaldi, einer der grössten Investoren luxuriöser Vergnügungszentren für die Angestellten des Privatsektors (IRTRA), die "ein Anrecht auf Erholung haben, ein heiliges Gut, das Gott uns schenkt, um uns für die täglichen Mühen und Anstrengungen zu belohnen". Die Arbeitsbedingungen der Angestellten dieser Zentren hingegen zeichnen sich aus durch Flexibilisierung, Kurzzeitarbeitsverträge, keine Sozial- und Altersversicherung und die Unterbindung von VGGewerkschaftenNF. Soviel zum Thema Solidarität, wie sie die Patriotische Partei versteht.

Alejandro Giammattei, Präsidentschaftskandidat der GANA, hätte wohl, wären die Wahlen im letzten September gewesen, eine reelle Chance auf einen Sieg gehabt. Als damaliger Chef des Gefängniswesens ging er als "Held und Retter" aus der "Rückeroberung" des Hochsicherheitsgefängnisses "VGEl PavónNF" hervor (siehe ¡Fijáte! 369). Dass dabei sieben als Anführer des VGorganisierten VerbrechensNF und des VGDrogenhandelsNF hochstilisierten Häftlinge brutal umgebracht wurden, wurde unter dem Stichwort "der Zweck heiligt die Mittel" von der breiten Bevölkerung akzeptiert. Die Popularität Giammatteis hat aber bereits wieder abgenommen. Einerseits, weil unterdessen das VGMenschenrechtsprokuratNF (PDH)in einem Bericht über den Hergang dieser "Rückeroberung" einige Ungereimtheiten an den Tag brachte, anderseits weil die jüngsten Skandale rund um das Gefängniswesen klar zeigen, dass hier VGKorruptionNF bis in die allerhöchsten Etagen verbreitet ist. Giammattei hat zwar den Absprung rechtzeitig geschafft, die Pavón-Geschichte reicht ihm aber nicht als treibendes Vehikel in einer Wahlkampagne.

Und dann ist da noch Rigoberta Menchú, die grosse Unbekannte in diesen Wahlen. Ihre Teilnahme könnte, ginge es ihr nicht gleichermassen um Macht wie allen anderen, eine unterhaltsame Abwechslung in die Wahlkampagnen-Dynamik bringen. Leider macht sie es aber genauso wie alle anderen: Sie stellt ihre Person in den Vordergrund und hat bisher noch keine politische Plattform vorgestellt die interessante politische Inhalte hätte. "Frau und Indígena" allein reicht nicht für ein Regierungsprogramm und es bleibt zu hoffen, dass Rigoberta eine Kampagne führt, die am Ende nicht genau diesen beiden Sektoren, den Frauen und den Indígenas, im Hinblick auf zukünftige politische Partizipation, schadet.

Die Kosten für die Durchführung der Wahlen werden auf rund 56 Mio. US-$ veranschlagt. Ausserdem werden mehr als 2000 lokale und internationale WahlbeobachterInnen erwartet, darunter VertreterInnen der VGOrganisation Amerikanischer StaatenNF (OAS), der VGEuropäischen UnionNF aber auch des guatemaltekischen Menschenrechtsprokurats, der VGUniversität San CarlosNF, der Privatwirtschaft und aus dem indigenen Sektor. Wie bereits bei den letzten Wahlen verspricht auch der von verschiedenen guatemaltekischen zivilgesellschaftlichen Organisationen zusammengesetzte Mirador Electoral eine minutiöse Wahlbeobachtung, nicht nur am Tag selber, sondern auch im Vorfeld und in der Transitionsphase.

Anlässlich des Kampagnenstarts forderte der Präsident des Obersten Wahlgerichts (TSE), VGOscar BolañosNF, die KandidatInnen und GeneralsekretärInnen der Parteien zu transparenten Wahlen auf, das Wahlgesetz zu respektieren und auf Gewalt zu verzichten. Dieser Aufruf mutet etwas naiv an, angesichts der schon seit Monaten auf nicht gerade ehrenwerte Weise geführte Wahlpropaganda einzelner Parteien und der Tatsache, dass es das TSE nicht geschafft hat, im Gesetz zu typifizieren, was genau ein so genanntes Wahldelikt ist, geschweige denn, wie ein solches sanktioniert wird.

Pro Partei darf während der 17-wöchigen Wahlkampagne nicht mehr als 41.5 Mio. Quetzales (ca. 5.5 Mio. US-$) investiert werden. Diese Zahl wurde anhand der rund 5.5 Mio. wahlberechtigten Personen berechnet, jede Partei darf also pro potentieller/m WählerIn 1 US-$ in Wahlpropaganda investieren. Gemäss Selbstdeklaration wird die GANA rund 42 Mio., die PP 40 Mio., die FRG 27 Mio. und die linke VGANNNF 20 Mio. Quetzales in ihre Kampagnen investieren. Der Rest der Parteien wird zwischen 9 und 15 Mio. Quetzales für Wahlpropaganda ausgeben. Hübsche Summen, die einmal mehr zeigen, dass Macht ihren Preis hat, den nicht alle bezahlen können.

Verschiedene Organisationen und AnalystInnen äussern sich besorgt über die Verstrickung des organisierten Verbrechens und des Drogenhandels in die Parteien und BürgerInnenkomitees sowie über die damit einhergehende politisch motivierte Gewalt. Im Verlauf des letzten Jahres wurden 43 Gewalttaten gegen parteipolitische AktivistInnen verübt, 28 davon endeten tödlich. Die UNE von Álvaro Colom ist die am meisten betroffene Partei und hat 14 Morde an Parteimitgliedern zu verzeichnen. Die PP und die VGURNGNF haben je drei Todesopfer zu beklagen. Diese Attentate konzentrierten sich auf die Departements Guatemala, VGJutiapaNF, VGEscuintlaNF und VGSan MarcosNF, mit Ausnahme von Guatemala Regionen, in denen der Drogenhandel und das organisierte Verbrechen florieren.


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