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Wem gehorcht der Präsident?

Fijáte 366 vom 15. Aug. 2006, Artikel 1, Seite 1

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Wem gehorcht der Präsident?

Das "Hühnchen"- Beispiel veranschaulicht auf einfache Weise, was KritikerInnen der Freihandelsabkommen schon immer sagten: Dass nämlich dieser vermeintlich freie Markt nicht für alle Beteiligten auf die selbe Weise frei zugänglich ist, und dass die Abkommen zwischen politisch unterschiedlich mächtigen Partnern und zwischen Ländern mit wirtschaftlich und sozial sehr verschiedenen Realitäten geschlossen wurde.

Ein Zusammenschluss von neun zentralamerikanischen Menschenrechtsorganisationen nutzte die 125. ausserordentliche Session der VGInteramerikanischen MenschenrechtskommissionNF (CIDH), die am 20. und 21. Juli in Guatemala stattfand, um in einem ausführlichen Dokument nochmals auf diese Ungleichheiten und ihre Konsequenzen, die sich der Verletzung elementarer VGMenschenrechteNF ausdrückt, hinzuweisen.

Hauptsorge dieser Organisationen ist, dass das Freihandelsabkommen DR-CAFTA den selben Stellenwert hat wie die von den Signaturstaaten unterzeichneten internationalen Menschenrechtsabkommen, und dass nirgends festgeschrieben steht, dass die Menschenrechtsabkommen über jeglichen Wirtschaftsabkommen zu stehen haben. Ausserdem haben die meisten zentralamerikanischen Länder die wichtigen internationalen Menschenrechts- und Arbeitsrechtsabkommen unterzeichnet - im Gegensatz zu den Vereinigten Staaten.

Um die bestehenden Asymmetrien zu veranschaulichen, zählen die VerfasserInnen des Berichts ein paar Beispiele auf:

- Die Fläche ganz Zentralamerikas entspricht 4.5% der Fläche der Vereinigten Staaten.

- Die Bevölkerung Zentralamerikas entspricht 11.7% der Bevölkerung der Vereinigten Staaten.

- Die zusammengezählten Bruttoinlandsprodukte der sieben zentralamerikanischen Länder entsprechen 0.5% des US-amerikanischen Bruttoinlandprodukts.

- 36% der Arbeitskräfte in Zentralamerika sind im Landwirtschaftssektor tätig. In den USA sind es 2%.

Zu diesen geographischen und demographischen Ungleichheiten kommt hinzu, dass die einzelnen Länder unterschiedliche Verfassungen und Gesetzgebungen haben.

Erste negative Auswirkungen des DR-CAFTA zeigt das Dokument an Beispielen aus VGEl SalvadorNF auf, wo das Abkommen seit dem 1. März 2006 in Kraft ist. Offenbar ist es dem Land nicht gelungen, die Exportproduktpalette in die USA zu diversifizieren, was heisst, dass es nach wie vor die traditionellen Produkte sind, die exportiert werden und dass die lokale Industrie durch das Freihandelsabkommen nicht wettbewerbsfähiger geworden ist. Im Gegenzug ist die Abhängigkeit von US-amerikanischen Importen offenbar grösser geworden. Und obwohl mehr importiert wurde, sind die Einnahmen aus den Importsteuern innerhalb eines Monats von 17 Mio. US-$ im März auf 14 Mio. im April gesunken. Es ist auch nicht so, dass die Öffnung des Marktes bisher mehr ausländische Investitionen angezogen hätte, wie das erwartet und versprochen wurde. All dies wirkt sich auf die Wirtschaft des Landes, aber auch auf die private Ökonomie der Bevölkerung aus und verletzt somit direkt und indirekt Menschenrechte aus dem ökonomischen, sozialen und kulturellen Bereich, wie zum Beispiel das Recht auf Entwicklung.

Sicher ist es noch zu früh, um allgemeingültige Schlüsse über die Auswirkungen des DR-CAFTA zu ziehen, doch die ersten Erfahrungen aus El Salvador und die Diskussion um die guatemaltekischen Hühnchen lassen darauf schliessen, dass gewisse Befürchtungen von FreihandelsgegnerInnen nicht bloss so genannt anti-imperialistischem Gedankengut entspringen, sondern sich durchaus - und schnell - in der lokalen Realität widerspiegeln.


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