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Rechnungsbegleichung oder neue Drogenbüchse der Pandora?

Fijáte 407 vom 09. April 2008, Artikel 2, Seite 3

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Rechnungsbegleichung oder neue Drogenbüchse der Pandora?

Nach den sechs gefassten und derzeit in Untersuchungshaft sitzenden und des Mordes, versuchten Mordes, Raubes und Waffenbesitzes angeklagten Bodyguards, wurde wenige Tage später in Zacapa ein VGKaibilNF, Angehöriger der "Elite"-Einheit der guatemaltekischen Streitkräfte, die besonders fürs Morden bekannt ist, festgenommen, der 2006 noch mit der VGUNNF-Friedensmission in der Demokratischen Republik Kongo war. Er hielt sich in einem Haus auf, in dem einiges Beweismaterial zusammengetragen wurde, und war nach eigenen Aussagen von ihm Unbekannten zu dessen Hüten angestellt. Er selbst ist wegen Schwerstwaffenbesitz und illegaler Vereinigung verhaftet worden. Die NachbarInnen hatten in der letzten Zeit vornehmlich in den Abend- und Nachtstunden Luxusautos vor- und wegfahren sehen und deren Insassen, die ab und zu eine lokale Kneipe aufsuchten, an ihrem Akzent als Mexikaner identifiziert.

Dass vor allem im Departement Petén Polizeibeamte in den Drogenhandel verwickelt sind, ist den Autoritäten bekannt, für die Verhaftung derjenigen fehlt es der VGKriminalpolizeiNF jedoch an Personal und Geldern. Dass aber möglicherweise auch das VGMilitärNF in das Drogengeschäft involviert sein könnte, liess Espada noch einmal hilfloser erscheinen.

Gleichzeitig ist es ein offenes Geheimnis, dass der Drogenhandel nicht nur die BäuerInnen zum Beispiel in den grenznahen Departements Petén und VGSan MarcosNF für den Anbau von Mohn und Hanf besser bezahlt, als es die traditionelle Landwirtschaft könnte. Ausserdem ist die lokale Bevölkerung oftmals zuständig für das Laden und Entladen der Flugzeuge, die im Petén auf den klandestinen Landepisten zwischenlanden, von wo aus die Droge umgeladen oder aber auf dem Landweg über die Grenze geschafft wird. 70% der Drogen werden jedoch über das Meer und nur 30% über Land transportiert. Dass die von den Autoritäten als hochgefährlich eingestuften Drogenbosse bei der lokalen Bevölkerung durchaus als Gönner und vor allem ihre Versprechen haltende Unterstützer der Gemeindeentwicklung gelten, mag die Tatsache belegen, dass zu Juanchos Beerdigung mehr als 1´000 Trauergäste erschienen.

Die guatemaltekische Regierung ist angesichts der Drogenmafia und dem VGorganisierten VerbrechenNF generell nicht nur bekennend schlecht ausgerüstet, der Umgang mit diesem ist offenbar wieder einmal deutlich von persönlichen Interessen geleitet. So behauptet Francisco Cuevas, Journalist des mexikanischen Fernsehkanals Televisa in einem Kommentar in der Tageszeitung VGSiglo XXINF, dass in ganz Zentralamerika die Präsenz der mexikanischen "narco"-Szene - allen voran das Kartell Juárez - bekannt und publik gemacht ist. Auch die guatemaltekische Regierung, speziell die unter Ex-Präsident VGÓscar BergerNF habe dies gewusst, jedoch dafür gesorgt, dass diese Tatsache nicht an die grosse Glocke gehängt werde, da Leute im engsten Umkreis von Berger ihre Finger mit im Geschäft hatten, deswegen kein Aufheben darum gemacht werden sollte.

Der ehemalige Chef der SAE, VGEdgar GutiérrezNF vom Zentrum für strategische Studien zur BürgerInnensicherheit (CEESC), beschreibt die Situation aus anderer Perspektive: Sechs Jahr habe in Guatemala eine relative Ruhe in Sachen Drogenkonfrontationen geherrscht. Es hat viele kleine Kartelle nebeneinander gegeben, die alle ihr Auskommen hatten und von dem friedlichen Nebeneinander profitierten, so lange alle gewisse Regeln einhielten. Da sie keine Konflikte untereinander hatten und die öffentliche Aufmerksamkeit erregten, sah die Regierung keine Notwendigkeit, die Verfolgung aufzunehmen, es kam zu eher wenigen Festnahmen und Drogenkonfiszierungen, die wenn dann vornehmlich auf die Forderungen der USA zurückgingen. Die jetzige Auseinandersetzung von bis zu drei Drogenkartellen in Zacapa könnte zweierlei bedeuten, so Gutiérrez: Entweder handelt es sich um eine vereinzelte Konfrontation zur Rechnungsbegleichung am Rande, da selbst die narcos keinen deklarierten Krieg wollten, wie er in einigen Bundesstaaten Mexikos herrscht, oder aber der unausgesprochene Waffenstillstand hat nun auch in Guatemala ein Ende und der Krieg zwischen den mexikanischen Kartellen streckt sich Richtung Süden aus.

Dass die Tat Vergeltungsakte nach sich ziehen kann, wird jedenfalls nicht ausgeschlossen. Unter anderem aufgrund der Forderung der Kongressabgeordneten nach einer verstärkten Militärpräsenz im Petén, wurde nun auch eine kombinierte Einheit aus guatemaltekischer und mexikanischer Armee an der gemeinsamen Grenze stationiert.


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