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Die Oligarchie und die Wahlen

Fijáte 389 vom 11. Juli 2007, Artikel 1, Seite 1

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Die Oligarchie und die Wahlen

Es ist verständlich, dass diejenigen, die an das Phänomen der Bewusstseinsbildung innerhalb der Oligarchie glauben, einen gewissen Optimismus ausstrahlen. Analysieren wir aber den Diskurs etwas genauer und schauen ein bisschen zurück.

Die demagogische Art eines Alfonso Portillo, die er versteckte, indem er allen das sagte, was sie hören wollten, traf die guatemaltekische Oligarchie unvorbereitet. Sie war es bisher gewohnt, jeweils den Kandidaten zu unterstützen, der am ehesten Aussichten auf einen Wahlsieg hatte und der bereit war, ihre Bedingungen zu akzeptieren (auch Portillo wurde in seiner Wahlkampagne von Dionisio Gutiérrez und Juan Luis Bosch Gutiérrez unterstützt). Doch kurz nach seinem Amtsantritt öffnete Portillo den Markt für Produkte, auf die die Oligarchie das Monopol hatte (VGZuckerNF, Geflügelfleisch, Bier, Zement, Düngemittel u.a.) und begünstigte damit eine Gruppe aufstrebender Unternehmer, die nicht der klassischen Oligarchie angehören. Weiter kündigte er eine Steuerreform an, die gegen die Interessen des CACIF war. Somit endete die Freundschaft Portillo/CACIF.

Es begann eine ideologische Kampagne gegen die "korrupteste Regierung der Geschichte" und gegen die "populistischen Ausbrüche" eines Präsidenten, der versucht, sich mit seinen demagogischen Diskursen die Unterstützung der Bevölkerung zu sichern. Und es ist ausgerechnet Alfonso Portillo, der beim Versuch sich zu verteidigen, auf die Korruptionsmethoden der Oligarchie hinweist: "Meine Regierung ist nicht die korrupteste Regierung, sondern diejenige, über deren Korruptionsfälle am meisten geschrieben wird. Sicher gibt es in meiner Regierung Korruption, ich habe das nie abgestritten und ich habe es auch denunziert. Aber es muss auch gesagt werden, dass meine Regierung nie über die grossen Summen der VGPrivatisierungenNF und Konzessionsvergaben verfügt hat wie andere." Portillo wies damit auf ein wichtiges Thema hin: Es gibt veröffentlichte Korruption und es gibt unveröffentlichte Korruption. Wenn wir davon ausgehen, dass es nicht nur die Geldhinterziehungskorruption gibt, wie sie unter Portillo stattgefunden hat, sondern dass auch die dreiste und von der Oligarchie betriebene Instrumentalisierung des Staates zur Erlangung von individuellen oder sektoriellen Privilegien eine Form von Korruption ist, kommen wir unweigerlich auf die Beträge in Millionenhöhe zu sprechen, welche diese Gruppen über die Privatisierungen und Konzessionierungen während den Regierungen von Alvaro Arzú und Oscar Berger abgezweigt haben.

Die jüngeren Dokumente und Vorschläge des CACIF, die sich listigerweise auf Symbole, Prinzipien und Werte der Mayas berufen in der Absicht, die Bevölkerung von ihrem Bewusstseinswandel zu überzeugen, legen deutlich die Absichten der Oligarchie offen: Es geht darum, die rechtlichen und politischen Bedingungen zu schaffen, um sich im Rahmen der neoliberalen Globalisierung, die eine Reduzierung des Staates und eine Konsolidierung des Marktes propagiert, die nationalen Ressourcen anzueignen. Diese Absicht kann auch die beste soziale Rhetorik in den Dokumenten nicht verdecken.

Diese Rhetorik floss bereits 2003 in die Regierungspläne der meisten Parteien im Umfeld des CACIF ein und führte zur Wahl des unternehmerfreundlichen Oscar Berger mit seinem Wahlslogan "Mit Berger gewinnen wir alle". Seit seinem Amtsantritt hat er jedoch diverse Massnahmen ergriffen, die dem neuen Leitspruch des CACIF "Wir sind davon überzeugt, dass die heutigen Herausforderungen nicht mehr sektorieller sondern nationaler Art sind" diametral entgegenstehen und klar den sektoriellen Interessen der Oligarchie entsprechen.

- In seinen ersten Regierungstagen begünstigte Berger den nationalen Zuckersektor, indem er eine Erhöhung des Zuckerpreises auf dem guatemaltekischen Markt erlaubte.

- Das Recht auf Leben der BäuerInnen verneinend, jedoch das Recht der Grossgrundbesitzenden auf Privateigentum schützend, beginnt acht Tage nach Regierungsantritt von Berger eine Reihe gewaltsamer Räumungen von Fincas, die von landlosen BäuerInnen besetzt waren.

- Mit der Vergabe von Lizenzen zur Ausbeutung von Minen in diversen Gemeinden im ganzen Land, negiert die Regierung von Berger das Recht der Bevölkerung auf Meinungsäusserung zu und Mitsprache bei solchen Projekten und es beginnt eine gewaltsame Repression gegen alle, die für dieses Recht einstehen.

- Trotz offensichtlichem Widerstand seitens eines grossen Teils der Bevölkerung, unterzeichnet die Administration Berger im Jahr 2005 das VGFreihandelsabkommenNF mit den VGVereinigten StaatenNF und begünstigt damit eine kleine Gruppe guatemaltekischer Agroexporteure. - Der Konkurs der Banken BANCAFE und VGBanco de ComercioNF Ende 2006 und die damit einhergehende Bereicherung ihrer Besitzer (darunter Mitglieder der guatemaltekischen Oligarchie), beraubte Millionen von GuatemaltekInnen ihrer hart erarbeiteten Ersparnisse und begünstigte die Konsolidierung einiger Banken, die im Besitz gewisser Familien der Oligarchie sind.

- Die neoliberale Wirtschaftspolitik der GANA-Regierung, die sich radikal von nationalistischen Wirtschaftpolitiken gewisser südamerikanischer Länder unterscheidet, die effektiv versuchen, im Interesse ihrer Bevölkerung zu handeln (VGVenezuelaNF, VGBolivienNF, VGEcuadorNF), begünstigt das expansionistische und imperialistische Projekt der USA sowie eine kleine Gruppe von UnternehmerInnen oder grosse nationale oder ausländische Unternehmen, welche die Wahlkampagnen einzelner KandidatInnen finanzieren, um ihre Macht aufrechtzuerhalten und um weiterhin unser nationales Eigentum auszubeuten.

Schlussfolgerungen

Die guatemaltekische Oligarchie hat in den letzten Jahren versucht, in ihren Diskurs eine soziale und ethnische Rhetorik zu integrieren, die einen Bewusstseinswandel vorgeben sollte und hat gleichzeitig das pure Gegenteil von dem gemacht, was sie mit ihrem ideologischen und publizistischen Apparat hat glaubhaft machen wollen. Viele Leute, sei es aus ideologischen Gründen, aus Opportunismus, Unwissen oder politischer Naivität, sehen in diesem Diskurs das Resultat einer positiven Entwicklung zur Lösung nationaler Probleme. Wenn wir aber die Vorschläge und Programme genauer analysieren und mit der Realität vergleichen, erweist sich diese soziale Rhetorik als pure Demagogie. Und: Je mehr eine Person sich der Oligarchie verpflichtet, umso weniger denkt sie ans Wohlergehen ihrer Mitmenschen.


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