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Die Herausforderungen an den neuen Innenminister

Fijáte 415 vom 30. Juli 2008, Artikel 1, Seite 1

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Die Herausforderungen an den neuen Innenminister

- Es gab innerhalb der Regierung anfänglich eine beschränkte Sicht auf die institutionelle Politik und die von Vinicio Gómez angetriebenen Prozesse. Es scheint, als hätten der Präsident und seine Kollaborateure die Wichtigkeit von Minister Gómez' Arbeit erst aufgrund der verschwenderisch publizierten Todesanzeigen und Nachrufe nach Gómez' Tod entdeckt, die von UnternehmerInnen, AkademikerInnen, Menschenrechtsorganisationen etc. veröffentlicht wurden. Dieser breite Fächer von sozialen Gruppierungen drückte nicht nur sein Beileid aus, sondern bezeichnete den Tod des Ministers als ein tragisches politisches Ereignis und rühmte seine Erfolge.

- Auch die Nachrichtensendungen waren grosszügig und stellten Sendezeit zur Verfügung, damit verschiedene politische Akteure die Arbeit von Gómez lobten. Dies diente nicht nur dazu, die Verdienste des Ministers öffentlich zu machen, sondern öffnete auch die Möglichkeit, über die nötigen Kompetenzen zu diskutieren, die einE NachfolgerIn mitbringen sollte.

- Die anerkennenden Nachrufe reichten fast zurück in die Amtsdauer von VGAdela Camacho de TorrebiarteNF, Innenministerin während der letzten 9 Monate der vorherigen Regierung. Es wurde klar, dass die Mehrheit der technischen und politischen Prozesse noch unter Torrebiarte eingeleitet wurde und von Gómez, ihrem ehemaligen Stellvertreter, mit Geschick und Erfolg, weiterverfolgt wurden. Er handelte dabei professionell, logisch, rational, verantwortungsbewusst und seriös.

- Es scheint, dass die aktuelle Regierung nicht begeistert davon ist, dass die Anerkennungen auch Adela de Torrebiarte mit einschliessen. Dies ist dort augenfällig, wo die regierungsseitigen Nachrufe den Beginn dieser Prozesse auf den Antritt des Ministeramts durch Gómez datieren. Dies ist eine kleinliche Mentalität, die aber traditionell ist für die parteipolitische Praxis. Doch auch wenn die aktuelle Regierung knausrig ist in der Anerkennung von Erfolgen der Vorgängerregierung, ist es für das Land in diesem Fall wichtig, dass der begonnene Prozess weitergeht - auch unter Gómez Nachfolger.

- Dies war auch eine deutliche Forderung der sozialen und politischen Akteure. Sie forderten die Ernennung einer zivilen Person, die ähnliche Überzeugungen und Ansichten wie der verstorbenen Minister mitbringen sollte. Adela de Torrebiarte wurde als die perfekte Nachfolgerin gehandelt, die den von ihr vor 15 Monaten initiierten Prozess wieder aufnehmen könnte.

Adela de Torrebiarte wurde nicht ernannt, obwohl sich die öffentliche Meinung sehr für sie aussprach. Wichtig ist jedoch folgendes: Sowohl Torrebiarte wie Gómez generierten Prozesse und interne Richtlinien im Innenministerium, die eine Art Wendepunkt darstellen. Wichtig ist ebenfalls, dass es sich hierbei um Prozesse handelt, die eine breite soziale und politische Unterstützung geniessen.

Mit dem Tod von Gómez wurden diese Prozesse öffentlich und haben, mit Unterstützung des Präsidenten, den Charakter von Staatspolitik erhalten. Hier einige Beispiele:

- Transformation, Restrukturierung und Modernisierung des Innenministeriums. Nennenswert ist der Aufbau von Strukturen, die es erlauben, eine Strategie in Sachen Sicherheitspolitik zu entwickeln und durchzuziehen.

- Gründliche Säuberung der verschiedenen Sektoren, so z.B. innerhalb der Polizei. Ähnliche Säuberungsprozesse wurden auch innerhalb des Innenministeriums selber, bei der Migrationsbehörde und im Gefängniswesen durchgeführt.

- Transformation und Stärkung derjenigen Strukturen, die für die Ausbildung und Professionalisierung des Personals zuständig sind.

- Transformation und Stärkung im Bereich der kriminalpolizeilichen Untersuchung. Dies soll die Grundlage für die Arbeit der Staatsanwaltschaft bilden, nicht zuletzt im Kampf gegen die VGStraflosigkeitNF.

- Konsolidierung des zivilen VGGeheimdienstesNF, ebenfalls ein wichtiges Instrument im Kampf gegen gemeine Kriminalität und VGorganisiertes VerbrechenNF.

Nun wurde Francisco Jiménez zum neuen Innenminister ernannt. Er ist Politikwissenschaftler und Philosoph und arbeitete die letzten Jahre eng mit Gómez zusammen, zuletzt als Chef des zivilen Geheimdienstes. Jiménez tritt ein Erbe an, das momentan ein politisches Gewicht grossen Ausmasses hat. Eine Herausforderung und Verpflichtung, die er mit Verantwortung zu tragen hat.

Es ist zu hoffen, dass der unabhängige Berufsmann die Kapazität und das Können hat, den Job auszuführen, die Angriffe des organisierten Verbrechens abzuwehren, eine Equipe zusammenzustellen, die ihn unterstützt, und die angefangenen Prozesse grosso modo weiterzuführen. Er sollte auch in der Lage sein, offen genug zu sein, um seriöse Vorschläge aus der Zivilgesellschaft aufzunehmen. Auch steht er vor der Herausforderung, den Dialog mit der internationalen Gemeinschaft aufrecht zu erhalten ebenso wie mit den sozialen Organisationen, die sich auf Sicherheitsthemen spezialisiert haben.

Francisco Jiménez und seine Equipe dürfen nicht vergessen, dass ausser den erwähnten technischen Prozessen, die erst mittel- bis langfristig Effekte zeigen werden, eine aktuelle Sorge und Angst der BürgerInnen um Sicherheit auf sie warten und dass sie kurzfristig konkrete institutionelle Antworten darauf bieten müssen.


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