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Korruption = DNA-Strang des Kongresses?

Fijáte 412 vom 18. Juni 2008, Artikel 2, Seite 3

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Korruption = DNA-Strang des Kongresses?

Auch gegen Eduardo Meyer hat sich die Schlinge schnell enger gezogen. Sollte er tatsächlich nichts von dem Vorgang gewusst haben, spricht dies nicht unbedingt für seine Qualifikation als oberster Chef des Kongresses. Ausserdem widerlegt ein Brief von MDF-Chef Girón an Meyer dessen vermeintliche Unwissenheit. In dem Schriftstück detailliert der Aktienmakler auf Meyers Antrag hin die Tranche-weise Rückführung der angelegten Gelder auf das Staatskonto bis Anfang 2009. Möglicherweise wollte der Kongresspräsident die Sache ohne grosses Aufheben ungeschehen machen und hoffte auf die gleiche Behandlung, die der Generalrechnungsprüfer Mencos dem vorherigen Kongresspräsidenten Rubén Dario Morales zukommen gedenkt, nämlich von einer Anzeigen gegen ihn - der im letzten Jahr die Aktieninvestition von Staatsgeldern ebenfalls verschwieg - abzusehen, schliesslich seien die Gelder ja wieder im Staatssäckel angekommen. Doch Alejandro Urízar, Koordinator des Transparenz-Programms der BürgerInneninitiative Acción Ciudadana, stellt Mencos Nachsichtigkeit in Frage: "Ich bezweifle, dass im Fall von Morales wirklich kein Delikt vorliegt, denn wir wissen nicht, ob jemand Provision bekommen hat." Und tatsächlich hat die Staatsanwaltschaft jetzt festgestellt, dass der ehemalige Kongresspräsident Morales von der VGPartei des Nationalen FortschrittsNF (PAN) selbst einen Scheck über 300´000 Quetzales erhalten hat. Kein anderer als Byron Sánchez Corzo, den Morales als Informatik-Experten eingestellt hatte, zahlte dieses Geld auf das Konto seines Chefs ein. Es war ein Grossteil der Beteiligung, die Sánchez für die erste Vermittlung von Kongressgeldern vom Aktienhaus MDF bekommen hat.

In der Zwischenzeit forderten die meisten Kongressfraktionen empört Meyers Entlassung, liessen sich jedoch auf dessen Vorschlag ein, dass er sich erst einmal für zwei Monate ohne Gehaltszahlung vom Amt zurückziehe, um die Rechtslage zu klären. Solange übernimmt der Vizepräsident des Kongresses, Arístedes Crespo von der VGRepublikanischen Front GuatemalasNF (FRG), den Kongressvorsitz. UNE-Fraktionschef Mario Taracena ist sich bereits sicher, dass Meyer nach dem vereinbarten Zeitraum seine Kündigung einreicht.

Doch neben Meyer gibt es noch weitere Instanzen, die bei der Transaktion hätten hellhörig werden müssen. Zum einen ist da die erwähnte Zweigstelle des Rechnungshofes unter Yax Tiu, dann hätte die Banco Uno, von der aus das Geld auf die Konten von MDF überwiesen wurden, den Auftrag nicht annehmen dürfen, da nur der Finanzdirektor Conde, jedoch niemand des Vorstandes unterzeichnet hatte. Und angesichts der Tatsache, dass etwa die Hälfte des gesamten Sparfonds des Kongresses bewegt wurde, ist nicht auszuschliessen, dass der Währungsfond nicht auch etwas davon mitbekommen hat. Dies würde den Vertreter dieser Institution vor dem Kongress, den Abgeordneten Fernando Pérez von der FRG mit in die Verantwortung ziehen.

Präsident VGÁlvaro ColomNF, der sich nicht an der Diskussion um den Umgang mit Meyer von Seiten der Fraktionen beteiligt hatte, sondern nur deren Entscheidung zur Kenntnis nahm, nannte den Skandal "unangenehm" und sich selbst "enttäuscht", weil ein Mitglied seiner Partei darin involviert ist.


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