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"Es gibt keine Strafe für das Ermorden von Frauen"

Fijáte 365 vom 2. August 2006, Artikel 2, Seite 2

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"Es gibt keine Strafe für das Ermorden von Frauen"

Frage: Es fällt auf, dass Sie konsequent den Begriff Frauenmord und nicht den Begriff VGFeminizidNF benutzen. Weshalb?

SE: Der Begriff Feminizid wird in Guatemala von Organisationen der Zivilgesellschaft und vom Staat gebraucht. Der Begriff birgt gewisse juristische Widersprüche in sich und Amnesty International will sich nicht in die Debatte über Begrifflichkeiten mischen. Wir ziehen es vor, uns auf das Thema Frauenmorde und Straflosigkeit zu konzentrieren.

Frage: Viele der Morde an Frauen zeichnen sich durch ihre aussergewöhnliche Brutalität aus und zahlreiche Opfer wurden vor ihrem Tod sexuell missbraucht und zerstümmelt. Weshalb diese Grausamkeit?

SE: Es gibt zwei Faktoren. Erstens versagt das Justizsystem darin, irgendwelche abschreckenden Massnahmen zu ergreifen. Das heisst, es gibt keine Strafe dafür, eine Frau umzubringen, die Straflosigkeit ist strukturell und permanent. Und wenn man dies in einem Land wie Guatemala kombiniert mit seinen 36 Jahren Krieg, während dem 200'000 Menschen umgebracht wurden, die Gewaltausübung staatliche Politik und die sexualisierte Gewalt ein Kriegsmittel war, oder als Foltermethode von weiblichen politischen Gefangene eingesetzt wurde, dann haben wir ganze Generationen von Männern vor uns, die ungestraft Frauen umbringen konnten - und können.

Frage: Das heisst, wir müssen in dem vom Krieg hinterlassenen sozialen Zerfall die Ursachen für die heutigen Frauenmorde suchen?

SG: Es gibt sicher einen Zusammenhang mit der Nicht-Verurteilung früherer Täter. Die Tatsache, dass ein VGGenozidNF begangen werden konnte, dass massive VGMenschenrechtsverletzungenNF geschahen und niemand jemals dafür verurteilt wurde, hat sicher einen kumulativen Effekt.

Nehmen Sie Leute wie VGEfraín Ríos MonttNF, der des Genozides angeklagt ist, oder andere hohe Politiker, die sich in der Straflosigkeit bewegen - solche Beispiele einer Kultur der Immunität spiegeln sich in einem gewalttätigen Land, wo die verwundbaren Personen als erste zu Opfern werden, in der Gesellschaft wieder.


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