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Abgesang auf die goldene Ära der braunen Bohne

Fijáte 310 vom 19. Mai 2004, Artikel 1, Seite 1

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Abgesang auf die goldene Ära der braunen Bohne

Als Reaktion auf die Krise müssten die KleinbäuerInnen in Guatemala diversifizieren, andere Produkte herstellen. Doch das ist risikoreich. Eine Umstellung kostet viel Geld und man braucht genaue Marktanalysen. Die Leute auf dem Land haben weder das eine noch das andere. So nimmt die Armut in den traditionellen Kaffeeanbaugebieten weiter zu. Der Mönch Antonio Lopez kann das seit Jahren vor den Toren seiner Kirche La Merced in der Kolonialstadt Antigua beobachten: "Den Leuten geht es wirtschaftlich immer schlechter. Wenn ein Vater nicht genug Geld verdient, um das Überleben seiner Kinder zu sichern, dann nehmen seine Alltagsprobleme an Schärfe zu. Es ist furchtbar, wenn er abends zu Bett geht, ohne zu wissen, was seine Familie am nächsten Morgen zum Frühstück essen kann. Soweit sind wir schon gekommen. Die Familien haben nicht mehr genug zu essen. Das ist keine Armut, sondern schlimmer. Das ist Elend." Wenn es bei der Kaffeeernte überhaupt noch Arbeit gibt, dann werden viele Eltern von ihren Kindern begleitet, die helfen müssen, das Auskommen der Familie zu verdienen. Die neunjährige Maria kann an guten Tagen bis zu fünfzig Pfund pflücken. Aber in der schwülen Hitze wird ihr oft schwindelig. Dann muss sie einen Moment lang im Schatten sitzen. "Tagsüber sind wir auf dem Feld", erzählt Maria. "Wenn ich abends nach Hause gehe, muss ich die Wäsche waschen. Danach essen wir und gehen schlafen. Ich arbeite, damit wir genug Geld haben, um VGZuckerNF und Bohnen kaufen zu können." Die Krise der niedrigen Weltmarktpreise für Kaffee macht es noch unwahrscheinlicher, dass sich die Lebensbedingungen der arbeitenden Kinder in Guatemala bald verbessern werden. Der guatemaltekische Sozialwissenschaftler Omero Fuentes macht dafür die kurzsichtige Politik internationaler Entwicklungsorganisationen verantwortlich: "Die Entwicklungshilfe für Vietnam, auch die aus Deutschland, hatte gravierende Auswirkungen auf die weltweite Kaffeekrise. Vietnam hat überproduziert und niemand hat den Schaden vorausgesehen. Für ein Land wie Guatemala hat das katastrophale Folgen, vor allem, weil Arbeitsplätze verloren gehen. Wenn eine Organisation in einem Land Armut bekämpfen will, dann sollte sie auch globale Zusammenhänge im Blick behalten, um nicht anderswo neues Elend zu erzeugen."

Die Entscheidungen der Weltbank und anderer internationaler Finanzorganisationen orientieren sich an einem Entwicklungsmodell, das es den Kräften des Marktes erlaubt, sich ungehindert zu entfalten. Dementsprechend sollen Produkte in der globalisierten Welt dort hergestellt werden, wo es am günstigsten ist. Wenn eine Produktion unrentabel wird, muss nach Alternativen gesucht werden. So gesehen gibt es keinen Grund, warum die Weltbank Vietnam die Chance des Kaffeeanbaus verweigern sollte. Die meisten LandarbeiterInnen in Guatemala haben noch nie etwas von der Debatte um den niedrigen Kaffeepreis und die Rolle Vietnams gehört. Häufig wissen sie nicht einmal, dass der Kaffee, den sie ernten, ins Ausland verschifft wird. Für

eine Pflückerin wie Eva Peréz stellt sich der Kampf ums Überleben nicht als globales Problem dar, sondern sehr konkret, Tag für Tag. "Unser Verdienst reicht nicht aus. Wir bekommen viel zu wenig Lohn. Mit dem Geld können wir nicht einmal genug Mais kaufen. Aber was sollen wir machen? Woanders als auf den Kaffeefeldern gibt es überhaupt keine Arbeit."


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