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"Im Valle de Siria ist es nicht der Glaube, der Berge versetzt"

Fijáte 305 vom 10. März 2004, Artikel 1, Seite 1

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"Im Valle de Siria ist es nicht der Glaube, der Berge versetzt"

auch nichts für die betroffene Bevölkerung gemacht ausser dem Herankarren von Trinkwasser ­ unumgänglich von dem Moment an, wo sie alle natürlichen Wasserquellen umgeleitet haben ­ und dem Verschenken von Brennholz, Abfall des massiven Holzschlags der betrieben wurde, um die Hügel für die Minentätigkeit zu "säubern". Von den 22 TalbewohnerInnen, die uns auf der Rundfahrt begleiten, hat noch nie jemand auch nur ein Gramm Gold gesehen, das in San Martín abgebaut wurde. Sie sehen bloss die Lichter der Helikopter, die Nacht für Nacht kommen und ­ wie sie vermuten ­ das Edelmetall abtransportieren. Als nächstes umfahren wir die gesamte, mit einem hohen Zaun umgebene Installation der Mine. Mit verständlicher Entrüstung erklärt uns der Reiseleiter, dass das Projekt genau dort gebaut wurde, wo früher der Weg verlaufen ist, der die Gemeinden El Pedernal und El Porvenir verbunden hat. Der Bus hält einen Moment lang vor den verstärkten Eingangstoren, wo wir unter den finsteren Blicken bewaffneter Wachleute die fröhlich flatternden Fahnen von Kanada und den VGVereinigten StaatenNF betrachten können sowie ein Plakat, das über die astronomischen Summen Auskunft gibt, die in den Jahren 2000 bis 2002 in die Mine investiert wurden. Wir folgen einer Umleitung, vorbei an den aufgehäuften Resten des pulverisierten Berges San Martín. Hinter diesem Giftberg planieren ein Duzend Bulldozer das Gelände für die nächste Pyramide. Diese wird wohl aus den Resten des Berges Tajo Rosado gebaut, auf dessen Spitze bereits die perforierten Löcher auszumachen sind, die mit Dynamit gefüllt werden, um den Gipfel wegzusprengen. Die Umleitung führt zurück auf den ursprünglichen Weg, dem wir Richtung El Porvenir folgen und der uns am Eingang eines ehemaligen Thermalbads vorbeiführt. Der Reiseleiter erklärt uns, dass das Bad heute stillgelegt sei. Kurz nach Beginn der Minentätigkeit begannen sich die Badegäste über gelbe Flecken auf der Haut zu beklagen und der Besitzer sah sich gezwungen, das Bad zu schliessen. Heute verkauft er das Wasser seiner Thermalquelle an die Mine. "Wir sind ruiniert", erklärt uns Don Santos Maldonado während des Mittagessens. "Doch ihr könnt von unseren Erfahrungen profitieren. Ihr dürft niemals erlauben, dass eine Mine in der Nähe eurer Dörfer zu arbeiten beginnt. Weigert euch, euer Land zu verkaufen, egal, was sie euch dafür bieten. Es geht um das Leben, das ihr verkauft. Ich werde vielleicht noch vier oder fünf Jahre leben, aber ich will diese Zeit nutzen, um zu kämpfen. Ich kämpfe nicht für mich allein, sondern für meine Kinder und Enkel und wir alle wissen, dass es ein Kampf gegen ein Monster ist." Don Santos hat diese letzten Worte an mich gerichtet, doch im Augenblick gelingt es mir nicht, etwas zu antworten.

Es ist eine Frau mit angegrauten Haaren, die antwortet: "Auch Monster haben ihre schwachen Punkte und können besiegt werden." Die Internet-Zeitschrift revistazo.com widmete eine Ausgabe der Problematik im Valle de Siria. Die Fotos, Statistiken, Interviews und Auszüge medizinischer Untersuchungen, die während der vergangenen 15 Jahre gemacht wurden, sind eine harsche Kritik an den Minen an sich und speziell an den Desinformationskampagnen, die damit einhergehen, sei es in Honduras, VGBolivienNF, VGVenezuelaNF, Guayana und vielen anderen Ländern, sowohl in Asien wie auch in Afrika. Die zuständigen honduranischen Behörden haben aufgrund des Druckes seitens der Medien sowie der betroffenen Bevölkerung und einer im Jahr 2000 eingereichten Klage gegen das Unternehmen eine Untersuchung über die Auswirkungen der Tätigkeiten von Entre Mares in Auftrag gegeben. Das Gericht hat den Fall studiert, doch der Haftbefehl, der während der Untersuchung gegen den legalen Vertreter des Unternehmens ausgestellt wurde, wurde nicht ausgeführt und heute, drei Jahre später, ist der Fall suspendiert. Derweil breitet sich in Guatemala hinter dem Rücken der Öffentlichkeit ein regelrechter Minen-Boom aus. Gemäss einem Dokument des Ministeriums für Energie und Minen zu Händen der Umweltkommission des Kongresses, wurden im Jahr 2003 169 Explorations-Anträge eingereicht, davon 115 für die Exploration von Goldvorkommen. Betroffen davon sind die Departements Guatemala, VGEl ProgresoNF, VGJalapaNF, VGJutiapaNF, VGZacapaNF, Izabal, Baja- und Altaverapaz, VGEl QuichéNF, VGHuehuetenangoNF, San Marcos, VGTotonicapánNF, VGSololáNF und VGChimaltenangoNF. In einem per Internet verbreiteten Bulletin zeigte sich Glamis Gold am vergangenen 11. November "erfreut darüber, dass in Guatemala unter dem Namen Proyecto MarlínNF die ersten Schritte unternommen werden konnten und dass mit einer offiziellen Erlaubnis gerechnet wird, das Projekt Mitte Dezember definitiv angehen zu können." Kevin McArthur, Präsident des Unternehmens, erklärte: "Glamis hat im Jahr 2003 grosse Fortschritte in seinen Entwicklungsprojekten verzeichnen können, speziell im Projekt Marlín (San Marcos, wo das Goldvorkommen 3,5 g pro Tonne Erde beträgt). Ziel ist, innerhalb von 10 Jahren 2,5

Millionen Unzen Gold abzubauen. (....) Unser Erfolg geht weiter und wir sind interessiert daran, weitere Projekte in Guatemala, Honduras und VGMexikoNF in Angriff zu nehmen." "Die Gefahr, die ihr eingeht ist grösser, denn in Guatemala gibt es mehr Gold als in Honduras", sagt Chung. "Lasst nicht zu, dass das Monster in eurem Land Fuss fasst. Je früher ihr es zu bekämpfen beginnt, desto mehr Chancen habt ihr, es zu besiegen. Die BäuerInnen können nicht allein kämpfen, sie brauchen die Unterstützung anderer Menschen. Ich werde nach Belice zurückkehren, denn auch dort hat die Suche nach Gold begonnen. Doch ich wünsche euch viel Glück."


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