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Der Plan Puebla Panamá und das ALCA

Fijáte 266 vom 14. August 2002, Artikel 1, Seite 1

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Der Plan Puebla Panamá und das ALCA

Der zentralamerikanische Korridor ist aufgrund seines Reichtums an natürlichen Ressourcen (Erdöl und Erdgas; Biodiversität, Wasser bzw. Wasserenergie, fruchtbare Böden, Bodenschätze und Edelhölzer) für Investitionen sehr lukrativ. Dabei sind vor allem juristische Sicherheit und wirtschaftliche Garantien sowie eine funktionierende Kommunikationsinfrastruktur erforderlich. Der letzte Aspekt wird im offiziellen Dokument der mexikanischen Regierung zum PPP als strukturelle Schwäche der Region genannt, die durch den PPP beseitigt werden soll.3

Militarisierung der Ökonomie in Mittelamerika

Florencio Salazar Adame, der mexikanische Regierungskoordinator für den Plan Puebla Panamá, bezeichnete den Plan als einen Plan der nationalen Sicherheit, mit dem der VGDrogenhandelNF und die VGMigrationNF bekämpft werden sollen. Drogenschmuggel und Einwanderung sind zwei der wichtigsten Punkte auf der U.S.- Agenda für die Region. Seit dem 11. September hat das Thema VGTerrorismusNF ebenfalls an Bedeutung gewonnen. Die mittelamerikanischen Staaten haben ihre VGgeheimdienstlicheNF Zusammenarbeit ausgebaut, um einer Ausweitung des Operationsgebietes der VGkolumbianischenNF sog. "Narcoguerrilla" in die zentralamerikanische Region entgegenzutreten.4

Wenngleich sie im offiziellen Diskurs wenig thematisiert wird, gewinnt die Militarisierung der Region im Zusammenhang mit der Ermöglichung und Absicherung von Investitionen zunehmend an Bedeutung. Aus diesem Blickwinkel betrachtet, ist der PPP - wie ursprünglich der Plan Colombia - ein verkapptes Aufstandsbekämpfungsprogramm und ein regionales Standbein für die Umsetzung der ALCA.

Einhergehend mit der Militarisierung findet in einigen Regionen auch eine zunehmende Paramilitarisierung statt. Die Vertreibungen und die systematische Vernachlässigung des Agrarsektors werden auf lange Sicht die Migration in die Städte weiter vorantreiben, mit zwei Haupteffekten:

Erstens wird die "störende" Bevölkerung aus den für die ungestörte Nutzung wirtschaftlich interessanten Territorien vertrieben, und zweitens wird die industrielle Reservearmee in den expandierenden freien Produktionszentren weiter anwachsen.

Die Zivilgesellschaft spielt nicht mit

Sowohl die offiziellen Dokumente des PPP als auch des ALCA betonen stets die Bereitschaft und die Notwendigkeit, die NGO´s als Vertreterinnen der Zivilgesellschaft in die anstehenden Planungen und Entscheidungen mit einzubeziehen. Die Wirklichkeit sieht allerdings so aus, dass bislang der PPP wie auch das ALCA de facto unter Ausschluss aller gesellschaftlichen und politischen Gremien, die eine ablehnende Haltung gegenüber den geplanten Massnahmen einnehmen, entwickelt wurden. Laut Magdalena Lanuza vom Centro Humboldt in Managua gab es auf lokaler Ebene niemals eine Befragung zum PPP; die Beschlüsse wurden ausschliesslich auf präsidialer Ebene gefasst.5 Aber selbst auf Regierungsebene und in wirtschaftswissenschaftlichen Kreisen wurden einige Vorbehalte formuliert, die vor allem auf die ungünstige Konkurrenzsituation der einheimischen Wirtschaft gegenüber den weitaus stärkeren Nachbarländern abzielen.

Für Orlando Nuñez, Ökonom und Soziologe aus Nicaragua, ist der Plan Puebla Panamá ein Auftrag des nordamerikanischen Präsidenten Georg W. VGBushNF an seinen mexikanischen Amtskollegen VGVicente FoxNF, mit dem Ziel die Integration des VGFreihandelsNF in Amerika voranzubringen.

"Die Freihandelsabkommen als Basis des PPP bedeuten die Demontage der nationalen Grenzen und die Bevorzugung der transnationalen Unternehmen, die unter besseren Ausgangsbedingungen konkurrieren können, was die Vertreibung der nationalen Unternehmenssektoren zur Folge hat (...). Ich glaube, das wäre der Gnadenstoss für die industriellen und landwirtschaftlichen Produzenten der Region, weil es niemanden gibt, der damit konkurrieren könnte. Vor allem, wenn man diesen Unternehmen alle Erleichterungen zukommen lässt, die den nationalen Unternehmen weggenommen werden: das ist, wie den Tiger auf den angebundenen Esel loszulassen."6

Zur Zeit deutet also einiges darauf hin, dass aus der vielbeschworenen Partizipation der Zivilgesellschaft im Globalisierungsprozess nicht viel werden wird. Im Gegenteil: Praktisch alle Basisorganisationen und -sektoren formieren sich zu einem Block gegen die neoliberalen Projekte und lehnen diese insgesamt ab. Ein Bündnis in Mittelamerika, die Alianza Social Continental, erarbeitet bereits Gegenvorschläge, die dem neoliberalen Geist des PPP völlig widersprechen; gleichzeitig wird amerikaweit gegen das ALCA mobilisiert.7

Und der regionale Widerstand gegen den PPP wächst: Im Mai 2001 fand in der Stadt Tapachula, VGChiapasNF, das Erste Forum für Information, Analyse und Perspektiven mit dem Titel "El Pueblo es Primero frente a la Globalización" (Die Menschen kommen vor der Globalisierung) statt. Daran nahmen 250 RepresentantInnen von über 100 Organisationen teil. Beim Zweiten Forum von Xelajú (Guatemala) im November 2001 waren es schon 800 Menschen (300 Organisationen), die sich nicht darauf beschränkten, die negativen Auswirkungen des Neoliberalen Kapitalismus lediglich zu diskutieren, sondern die auch versuchten, eigene Perspektiven und Strategien zu entwickeln. Dafür wurden in mehreren Arbeitsforen folgende Themen diskutiert: Megaprojekte - Indigene Völker - Natürliche Ressourcen / Alternativer Handel / Indigene Völker und Internationale Zusammenarbeit / ökonomische, soziale und kulturelle Rechte / Arbeitsrecht und Maquilas / bäuerliche Landwirtschaft und Globalisierung / lokale Macht, Regionalpolitik und Soziale Entwicklung.

Auf demselben Forum wurde beschlossen, die Informations- und Aufklärungsarbeit auf lokaler Ebene in der gesamten Region des Plan Puebla Panamá, sowie den Austausch zu den südamerikanischen Bewegungen zu verstärken und strategische Allianzen mit US-amerikanischen Gruppen zu suchen. Ausserdem soll unter dem Titel : "Zentralamerikanisches Abkommen für die Demokratie und die Entwicklung der Bevölkerung" ein Alternativvorschlag der Basisorganisationen zum PPP erarbeitet werden. Auf längere Sicht sollen ein Marsch und eine zentralamerikaweite Consulta (Befragung nach dem Vorbild der zapatistischen Consultas in Mexico) durchgeführt werden.

Anmerkungen:

1 wenngleich das offizielle Dokument (www. ppp.presidencia.gob.mx) der mexikanischen Regierung die ALCA kein einziges Mal erwähnt, sind beide Projekte durchaus in Beziehung zueinander zu betrachten: Beim PPP geht es um die Integration von Strukturanpassungsmassnahmen in einer stark marginalisierten Region, die perspektivisch Teil der Freihandelszone der Amerikas werden wird und ihre Ressourcen ausschöpfen muss, um in dieser Liga konkurrieren zu können.

2 ein guter Artikel zum Canal Seco findet sich in: ila 253, März 2002 (S.13ff.)

3 www.ppp.presidencia.gob.mx

4 El Nuevo Diario, Managua, 23. Februar 2002; Übers. d. Verf.

5 La Prensa, 25.Juni 2001

6 ebd.

7 einen Überblick über die laufenden und geplanten Mobilisierungen gegen das ALCA (u.a. eine kontinentale Consulta) sowie eine tiefere Analyse liefert die Alianza Social Continental, www.asc-hsa.org

8 CIEPAC: Chiapas al Día, No. 269

(Informationsbüro Nicaragua e.V. und Informationsstelle El Salvador e.V.)

Kasten

Als Konsens von Xelajú wurde Folgendes beschlossen:

1. Totale Ablehnung des PPP.

2. Die Anstrengungen zu verstärken, um die Erfahrungen und Alternativen der Gemeinde- und Regionalentwicklung auf der Basis von Gleichheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit gegenüber den autoritären und antidemokratischen Projekten der Globalisierung und des PPP zu systematisieren.

3. Eine Informationskampagne zu starten, die die Bevölkerung und die LokalpolitikerInnen der Region über den PPP und seine Auswirkungen aufklärt. Gleichermassen lehnen wir das ALCA ab, da es der unabhängigen Entwicklung unserer Bevölkerung zuwiderläuft.

4. Die Vernetzung zwischen der Bevölkerung und den Organisationen gegen die Globalisierung und den PPP zu fördern.

5. Einen koordinierten Mobilisierungsplan auf lokaler, nationaler und regionaler Ebene in Übereinstimmung mit unseren jeweiligen Bedürfnissen zu entwickeln.

6. Die Organisationen und die Bevölkerung aufzurufen, das Dritte Internationale Forum vorzubereiten und daran teilzunehmen.

7. Wir verurteilen jede Form der Militarisierung in der zentralamerikanischen Region; zugleich drücken wir unsere kategorische Ablehnung des Plan Colombia und unseren Wunsch aus, dass der Friedensprozess in unserem Schwesterland vorangehe.

8. Wir unterstützen die Soziale Kontinentale Allianz und das Weltsozialforum und betrachten uns als Teil derselben.

9. Wir drücken unsere Solidarität mit dem Kampf aller Menschen auf der Welt gegen die erzwungene Globalisierung aus.8


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