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Hundert Tage Regierung Portillo

Fijáte 210 vom 10. Mai 2000, Artikel 1, Seite 1

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Hundert Tage Regierung Portillo

Frage: A propos, wie beurteilen Sie die Teilnahme von ehemaligen KritikerInnen Rios Montt's an der aktuellen Regierung?

Colóm: Ich finde, all diese Leute mit revolutionärer Vergangenheit, VertreterInnen der indigenen Bevölkerung und der Menschenrechtsorganisationen sollten aus der Regierung zurücktreten, denn es ist offensichtlich, dass die FRG eine rechte Partei ist und kein Interesse an grundlegenden Veränderungen hat. Die Linke sollte aufhören, sich etwas vormachen zu lassen. Dies ist nun mal eine populistische Regierung, die keine Lösungen anstrebt, sondern die Täter der Vergangenheit decken will. Sie entfacht ein künstliches Feuer, das sie mit grossem Brimborium löscht, nur um gleich darauf ein neues zu entfachen. All diese Leute, die sich auf einen Pakt mit der FRG eingelassen haben, ich nenne sie mal Ex-Linke, haben entweder die Möglichkeit, in der FRG zu bleiben und zu Rechten zu konvertieren, oder sie machen einen würdevollen Abgang und treten sofort zurück.

Frage: Die Ankündigung Portillos, sich ein Haus in einer der teuersten Gegenden der Hauptstadt zu mieten, löste krititsche Kommentare aus, insbesondere, weil es unter 'Spesen' abgebucht wird. Was denken Sie dazu?

Colóm: Es ist ein politischer Fehler. Es ist eine Schande, monatlich fünftausend US-$ für ein Haus zu bezahlen. Ich bin einverstanden damit, dass ein Präsident standesgemäss leben muss, aber dafür gibt es extra ein Präsidentenhaus.

Frage: Eines der Wahlversprechen Portillos war, mit starker Hand gegen die Delinquenz vorzugehen. Nach hundert Tagen Regierungszeit ist noch nichts davon zu spüren. Was ist passiert?

Colóm: Ich glaube, dass sämtliche Wahlversprechen nach diesen hundert Tagen verblasst sind. Es ist noch keines davon umgesetzt worden. Und das mit der Sicherheit, übrigens dasjenige Versprechen, mit dem er am meisten Stimmen gewonnen hat, ist tatsächlich ein Notstand. Doch Portillo hat weder eine harte Hand noch einen Sicherheitsplan.

Frage: Die Ankündigung, die Gehälter der Staatsangestellten um 200 Quetzales (ca. 28 US-$) zu erhöhen, löste eine polemische Diskussion aus, obwohl schlussendlich die Gehaltserhöhung nicht mehr als 82 Quetzales war...

Colóm: Dies ist ein weiterer Beweis für das Fehlen einer umfassenden Regierungspolitik. Sowohl die Gehaltserhöhung wie auch die Subvention der VGZuckerimporteNF führte zu einer instabilen Wirtschaftslage. Damit will ich nicht sagen, dass ich gegen die Aufhebung von Monopolen bin, aber man muss eben wissen, wie man das macht. Zweifellos ist der Streit zwischen der Regierung und den Zuckerproduzenten der 'Höhepunkt' der letzten hundert Tage. Wenn wir das Abkommen anschauen, zu dem sie schliesslich gelangt sind, können wir klar von einer Sieger- und einer Verliererseite sprechen. Die VerliererIn ist eindeutig die Bevölkerung, denn das Resultat ist die Aufrechterhaltung eines Systems, das hätte geändert werden müssen. Dabei ist Portillo ein weiterer gravierender Fehler unterlaufen, denn bei allen Wahlveranstaltungen sprach er davon, nicht wie Arzú oder die PAN zu handeln, sondern alle Probleme unter Einbezug der betroffenen Sektoren zu lösen. In dieser Zuckersache hat er mit überhaupt niemanden gesprochen, sondern er hat zuerst den Stein geworfen und dann geschaut, wie er die zerbrochene Scheibe repariert. Hätte er wirklich dieses Problem der Zuckereinfuhr lösen wollen, hätte er zuerst mit den Zuckerproduzenten sprechen und dann das vermeintliche Monopolproblem lösen müssen. Ich sage 'vermeintlich', denn inzwischen weiss niemand mehr, ob es überhaupt existiert hat oder nicht.

Frage: Auf seinen Reisen ins Landesinnere fährt Portillo mit seinen explosiven Diskursen fort. Ist dies nötig?

Colóm: Dies macht er VGAlvaro ArzúNF nach, mit demselben Ziel wie dieser: Um den Wahlkampf zu verlängern und darüber hinwegzutäuschen, dass er schon längst regieren müsste. Dieses Land braucht Führungspersönlichkeiten und nicht ewige Präsidentschaftskandidaten!

Frage: Zusammenfassend, was ist Ihre Beurteilung der bisherigen Arbeit Portillos?

Colóm: Als positive Handlungen sehe ich die eingenommene Position im Grenzstreit mit VGBeliceNF, die vorgeschlagene Steuerreform, die Schaffung eines Vizeministeriums für kleine und mittlere Unternehmen und die Arbeit des Erziehungsministeriums. Alles andere ist das selbe wie unter der Regierung PAN. Die Leute der FRG sind KünstlerInnen in Sachen Vetternwirtschaft und was mich am meisten erstaunt, ist ihr Mangel an Transparenz. Sie haben die Wahlen als Apostel der Ehrlichkeit gewonnen und heute benehmen sie sich wie ausgemachte Schurken. Wenn die FRG sich heute nochmals einer Wahl stellen müsste, würde sie weit hinter denjenigen zurückliegen, die im November nur 1% der Stimmen gewonnen haben!


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